Fantasy,  Historisch

Papa Jacks Emporium

Herzlich Willkommen in Papa Jacks Emporium, dem Ort, wo das Kind in uns noch Wunder zu sehen bekommt. Robert Dinsdale vereint in seinem modernen Märchen auf wunderbare Weise viktorianischen Charme mit kindlicher Freude und universellen, auch ernsten Themen. Gesellschaftliche Akzeptanz, Rivalität unter Brüdern und menschliche Neugier werden eingebettet in glitzernde Schneekristalle, goldene Lichter und staunende Kinderaugen.


Die kleinen Wunder von Mayfair.
von Robert Dinsdale
übersetzt von Simone Jakob
erschienen bei Droemer Knaur
ISBN: 978-3-426-52309-4
Preis: 10,00€, E-Book 9,99€


Cathy ist verzweifelt. Schwanger und allein hat sie im London von 1906 keinerlei Perspektive. Bis sie eines Tages in der Zeitung eine Anzeige entdeckt:

Fühlen Sie sich verloren? Ängstlich? Sind Sie im Herzen ein Kind geblieben? Willkommen in Papa Jacks Emporium.

Diese Worte lassen sie nicht mehr los und so macht sie sich auf in den Londoner Stadtteil Mayfair, wo Papa Jacks Emporium aller Augen auf sich zieht. Das Spielzeuggeschäft ist ein wahrer Ort der Wunder, denn die Spielzeuge haben all ein gewisses Etwas. Magie könnte man es nennen, doch Papa Jack und seine Söhne, die die Sachen herstellen, hüllen sich in ein Geheimnis.
Und doch traut Cathy ihren Augen nicht: Die Zinnsoldaten stehen stramm, wenn jemand sich ihnen nähert, der Laden platzt aus allen Nähten vor zauberhaften Dekorationen wie den riesigen Pappmaché-Bäumen und sogar die kleinen Vögelchen aus Pfeifenreinigern fliegen tatsächlich herum.
Das Emporium bietet denen Zuflucht, die Hilfe brauchen und so findet Cathy ein neues Zuhause für sich und ihr Kind. Doch die Brüder Kaspar und Emil, Papa Jacks Söhne, beginnen zu wetteifern, nicht zuletzt um Cathys Zuneigung. Ein Wettstreit, der seinen Gipfel erreicht, als der Erste Weltkrieg ausbricht. Und wie in ganz Europa beginnt es auch in Papa Jacks Wunderladen, zu bröckeln.
Selbst der Zauber scheint zu verblassen…

Für mich war Robert Dinsdales Roman bei Erscheinen 2019 ein echter Geheimtipp. Das wunderschöne Scherenschnitt-Cover mit Goldfolie versprach nicht zu viel, denn das Flair des Romans erinnert an vergangene Zeiten. Fast nussknackerartig versprüht der Roman einen nostalgischen Charme, dem man sich nicht entziehen kann. Man wird vollständig eingehüllt in den Duft von Zuckerwatte und gebrannten Mandeln, Honigkuchen und allem, wovon man als Kind nicht genug bekommen konnte.
Doch das Buch ist nicht nur ein Roman zum Bauklötze staunen. Denn je mehr Cathy über Papa Jack und seine Vergangenheit erfährt, umso düsterer wird die Geschichte. Der Krieg überschattet ab einem gewissen Punkt die Handlung und das Grauen marodiert das Spielzeuggeschäft. Man wird als Leser hineingezogen in den Verlust der Charaktere, den Verlust der Unschuld. Im Nachhinein fühlt es sich für mich wie ein zweites Erwachsenwerden an. Zu schnell und wieder unfreiwillig.
Glücklicherweise reicht diese Düsternis aber nicht aus, um einem das Buch zu verderben. Es ist wirklich ein bisschen, als würde man sich daran erinnern, wie es war, Kind zu sein. Man wünscht sich unbeschwertere Seiten zurück und weiß doch, es ist etwas unwiederbringlich verloren.
Ich habe jedes Wort dieser magischen Leseerfahrung genossen und wenn ihr euch nicht davon abschrecken lasst, bei immer wärmeren Temperaturen vom Winter zu lesen, solltet ihr mal einen Blick hineinwerfen.
Es lohnt sich.

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