A Foodie’s Life
Essen hält Leib und Seele zusammen. Diese Einstellung, so merkt man schnell, hat Schauspieler Stanley Tucci schon lange verinnerlicht. In seiner neuen Autobiografie erzählt der für mich beste Nebendarsteller aller Zeiten von seinem Leben. Wir hören besonders warmherzig, wie es sich als amerikanisches Kind mit italienischen Wurzeln lebt, wie man sich damals über Wasser halten konnte, wenn die Engagements ausblieben und wie man um die Welt reisen kann, ohne zu wissen, ob die Verpflegung den eigenen Ansprüchen genügt. Immer dabei: Kulinarische Entdeckungen, die oft sind wie Tucci selbst: Weltklasse Niveau mit italienischen Ursprüngen.

Taste – Mein Leben für Küche und Kamera.
von Stanley Tucci
übersetzt von Steffen Jacobs
erschienen im Arche Literatur Verlag
ISBN: 978-3-7160-2813-1
Preis: 25,00€
Bewertung: ★★★★★
Ich danke dem Verlag zuerst für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar. Als ich die Anfrage gestellt habe, hätte ich nicht gedacht, wirklich eines bekommen zu können. Entsprechend gefreut habe ich mich, als das Buch zwei Tage später in meinem Briefkasten lag. Und was für ein Buch es ist! Biografien können im schlimmsten Fall zu trockenen Aneinanderreihungen von Ereignissen verkommen, doch diese ist völlig anders. Tuccis Anekdoten sind derart warmherzig und mit so viel Witz und Selbstironie erzählt, dass ich öfter tatsächlich laut kichern musste. Bei einer Autobiografie. Das allein spricht schon für sich. Ergänzt werden die Erinnerungen des Schauspielers immer auch mit besonderen Gerichten, die für ihn prägend waren und deren Zubereitung er dem Leser nicht vorenthalten will.
Es ist kein Kochbuch, aber wenn man Tuccis Leidenschaft für gutes Essen teilt, entstehen im Kopf die besonderen Farben, Düfte und Aromen der Rezepte. Der Titel ist eine berauschende Mischung aus Kindheitserinnerungen, kultureller Identitätsfindung und dem Stolpern durchs Leben mit all seinen Widrigkeiten und Sonnentagen. Eine Kindheit in New York, die Anfänge beim Film, Familienleben, Reisen durch Europa und Italien und die Pandemie – all das verbunden durch Tuccis besonderen Blick auf die Welt und gutes Essen als Mittelpunkt des Zusammenkommens.
Ich bin jetzt im Herbst meines Lebens angekommen (ich bin gerade sechzig geworden, was ungefähr dem mittleren oder späten Herbst entsprechen dürfte) und wünsche mir immer öfter, dass ich in jene Zeit, an jenen Ort und in mein unschuldiges, neugieriges, vitales Kindheits-Ich zurückkehren könnte. Schon meine damalige Haarpracht wäre Grund genug zur Rückkehr.
Aus: Taste – Mein Leben für Küche und Kamera
Die unbeschwerten Tage im Freien, zu jeder Jahreszeit und bei jeder Witterung, waren ein großartiger Teil meiner Kindheit, aber noch großartiger war, was und wie im meiner Familie gekocht und gegessen wurde.
Für mich fühlt sich das Buch an, als würde Tucci einen an den eigenen Tisch einladen. Komm, setz dich, nimm ein Glas Wein und wir erzählen uns bei Pasta und Beilagen gegenseitig Geschichten. Es fühlt sich an wie ein Familienfest auf 320 Seiten, bei dem Onkel Stanley die Anwesenden unterhält. Natürlich finden sich auch andere berühmte Namen zwischen den Seiten wieder. Das wirkt aber nie gewollt, sondern bescheiden und sehr, sehr, ehrlich.
Ich würde mich nach Lektüre des Titels nicht trauen, Mr. Tucci zum Essen einzuladen – den Erwartungen kann ich nicht gerecht werden. Doch wie gern würde ich mit diesem außergewöhnlichen Menschen einen Martini oder einen guten Whisky trinken und zuhören. Immer weiter zuhören.
Wann haben Sie Zeit, Mr. Tucci?

