Kleider machen Leute
Der neue Roman von Jojo Moyes
Für Sam läuft zur Zeit gar nichts rund. Ihr Chef ist ein absolutes Ekel, ihr Mann ist depressiv. Sie versucht allein, für mindestens drei Leben zu sorgen. Das ändert sich, als sie im Fitness-Studio versehentlich die Tasche einer anderen Frau nimmt. Einer Frau, die in Designer-Marken und High Heels durchs Leben stakst. Doch für Sam ist die Aussicht auf 10cm hohen Hacken zunächst nur eines: wackelig.
Nisha hingegen, die nun wortwörtlich in Sams Schuhen steckt, sieht ihre Welt zusammenbrechen. Ihr Mann setzt sie ohne Papiere vor die Tür und sie sieht sich unvermittelt als Reinigungskraft in eben jenem Hotel, das sie kurz zuvor noch bewohnt hat. Die Demütigung trifft sie schwer und ihr ist klar: Ihre Schuhe zurückzubekommen, ist der wichtigste Schritt, um wieder zu alter Größe zu finden.

Mein Leben in deinem.
von Jojo Moyes
Übersetzung: Karolina Fell
Verlag: Wunderlich (Rowohlt)
ISBN (HC): 978-3-8052-0085-1
Preis: 25,00€
Jojo Moyes ist meldet sich mit einem Feuerwerk zurück! Sie schafft es immer wieder, das Gefühl einzufangen, am Tiefpunkt angekommen zu sein. Wenn man denkt, es könne nicht schlimmer kommen, setzt sie noch einen drauf. Zwischendurch kann man nicht anders, als den Kopf zu schütteln. Wie viel Pech sollen die Charaktere denn noch haben? Doch sie schafft es wie immer, mit einer Prise Humor, einer Gruppe unverhoffter Freundinnen und einer gehörigen Portion „Selbst ist die Frau“, alles irgendwie zum Guten zu wenden.
Wenn einer meiner Lieblingsschriftsteller ein neues Buch veröffentlicht, ringen Freude und Angst in mir. Ich kann es kaum erwarten, zu lesen, was sich dieser großartige Verstand nun wieder ausgedacht hat. Gleichermaßen mache ich mir Sorgen darüber, ob der hohe Standard, den die Autorin bisher gesetzt wird, auch nun gehalten werden kann. Ich kann zufrieden behaupten: Erwartungen übertroffen. Jojo Moyes schafft es wie keine andere, emanzipierte Frauen zu erschaffen, die natürlich gelegentlich auf ihrem Weg stolpern, die letztlich aber erhobenen Hauptes durch ihr Leben gehen können. Dies schafft sie, ohne die erhobene Moralkeule. Sie zwingt den Leser geradezu, die Perspektive des Erzählenden einzunehmen, sodass ihre Figuren ganz ankommen.
Meiner Meinung nach ist das Buch ein absoluter Page Turner, wie man so schön sagt.
Das Erzähltempo ist flüssig und manchmal geht mir die Handlung gar nicht schnell genug voran, weil ich unbedingt wissen will, was als nächstes passiert. Ich konnte mich lange bei keinem Buch mehr so fallen lassen, darauf vertrauend, dass die Autorin es schon irgendwie zu einem Happy-End schafft. Es ist ein Feel-Good-Buch, das die Leistung und das Leben unterschiedlichster Arten von Frauen würdigt. Das die Ellbogen-Mentalität kritisiert und das Miteinander feiert. Es ist ein Buch, wie man es in einem grauen, verschneiten März braucht.
Wenn ich etwas kritisieren müsste, dann vielleicht den Umgang mit mentaler Gesundheit und Depressionen. Wir nehmen hier nur selten die Perspektive des Betroffenen ein. Der Fokus liegt darauf, wie belastend eine psychische Erkrankung für die Angehörigen sein kann. Das ist in jedem Fall richtig und es ist natürlich schwer, über lange Zeiträume Verständnis für etwas aufzubringen, das man als Außenstehender nicht direkt wahrnehmen kann. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass sich Betroffene hier missverstanden und vielleicht sogar schuldig fühlen, als würde ihnen ein (unbeabsichtigter, da bin ich sicher!) Spiegel vorgehalten.
Für mich ändert das nichts an der mitreißenden Handlung, die sprachlich schön ausgearbeitet ist. Die Übersetzerin gehört da natürlich entsprechend gewürdigt. Ich habe den Roman innerhalb von ein paar Tagen regelrecht verschlungen. Es bleibt aber ein Problem: Jetzt habe ich wieder Hunger auf mehr!
Anmerkung:
Wenn ihr, oder jemand, den ihr kennt, mit psychischen Beschwerden zu kämpfen habt/hat, wendet euch an die einschlägigen Beratungsstellen: den ärztlichen Bereischaftsdienst (Tel. 116 117), die Telefonseelsorge (0800-1110111 oder 0800-1110222), die Deutsche Depressionshilfe, oder die Gesellschaft für Suizidprävention.
Ihr seid mit euren Sorgen und Nöten nicht allein. Jeder von euch hat es verdient, gehört zu werden. Bitte sucht euch Hilfe.